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Fundstück des Tages # 87 [Halbnackt oder nackt als weiblicher Fan in den Fingern der Ordnungskräfte]

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In loser Folge dokumentiert ostfussball.com in dieser Rubrik mehr oder weniger auch (ost)fußballtangierende Kostbarkeiten der deutschen Schriftsprache – unkommentiert; da die Fundstücke als solche allein schon einiges – mitunter kaum zu glaubendes – postulieren und zugleich gewisse da und hier gepflegte geografische Beschränktheiten einfach nur noch nebensächlich erscheinen lassen

(…) Was geschah nun mit den Frankfurter Anhängerinnen bei der Durchsuchung vor dem Bundesliga-Spiel in Leverkusen? Während Bayer-Offizielle behaupten, die Frauen hätten nur die Schuhe ausziehen müssen, erzählt hier ein Eintracht-Fan die wahre Version (…)

Wenn die 25-Jährige an Mittwochabend [22. September] denkt, dann bekommt sie noch immer eine riesige Wut. Seit rund zwölf Jahren hat Susi F. (Name geändert, der richtige Name ist der Redaktion bekannt) kaum ein Eintracht-Spiel verpasst. “Aber so etwas habe ich noch nie erlebt”, sagt sie. Hier ihre Schilderung:

Susi F. war etwa 20 Minuten vor Spielbeginn zum Stadion gekommen, sah das große Schild “Fraueneingang”. Direkt dahinter war ein rotes Zelt aufgebaut. Drei Polizistinnen und vier Ordnerinnen standen davor, sieben oder acht Frauen vom privaten Ordnungsdienst warteten im Zelt. Es fing harmlos an: “Tasche auf!” Auch die Jacke ausziehen ist in Ordnung. Dann: “T-Shirt aus!” “Nein.” “Doch, das sind die Vorschriften.” Ich will das nicht dulden. “Ich kann die Polizei kommen lassen und Sie werden auf der Wache durchsucht.” Ich bin geschockt, hebe das T-Shirt ein Stück hoch. “Ganz, habe ich gesagt.” Ich koche vor Wut, aber ich will das Spiel sehen und nicht auf die Polizeiwache.

Ich ziehe mein Shirt aus, die Frau, sie hat dünne Gummihandschuhe an, greift mir unter den BH. “Sind Sie verrückt”, schreie ich. “Ich könnte ihn auch ausziehen lassen”, war die Antwort.

Dann darf ich das Shirt wieder anziehen, muss nun die Schuhe ausziehen. Ich muss die Hose öffnen, sie ein Stück herunter ziehen. Dann ziehe ich sie einfach wieder hoch: “Jetzt reicht es wirklich!” Die Frau sagt: “Wenn ich wollte, müssten Sie die auch ganz ausziehen.” Immerhin: Diese Demütigung bleibt mit erspart.

Im Zelt waren noch mehrere andere Fans durchsucht worden, besonders die Jüngeren mussten ihre T-Shirts ausziehen. Neben mit stand eine etwa 40-Jährige. Sie durfte ihre Bluse zwar anbehalten, aber dafür wurden ihre Brüste kräftig gedrückt. Sie weigerte sich auch, die Schuhe auszuziehen. Daraufhin musste sie zehn Mal fest aufstampfen, damit klar war, dass sie nichts im Schuh versteckt hat.

Susi F. wunderte sich nicht nur über die Behandlung, sondern auch darüber, dass im Zelt weder Licht war noch eine Matte auf dem Boden lag. Diesen “Komfort” ist sie sogar als Fußball-Fan gewöhnt, wenn sie Schuhe ausziehen muss.

Sie wird weiter zu den Eintracht-Spielen gehen und hofft, nie mehr so menschenunwürdig behandelt zu werden. “Wir wollen Fußball sehen und die Mannschaft supporten.” (…)

(Quelle im vollständigen Original: “Fremde Hände im BH”, fnp.de, 25. September 2010, 09:15)

Faksimile: eip-news.com
Faksimile: eip-news.com

(…) “Das Urteil des OVG Saarlouis, wonach das Ausziehen eines minderjährigen weiblichen Fans von Dynamo Dresden vor Polizeikräften in Saarbrücken unverhältnismäßig war, schränkt die weitverbreitete Praxis, Fußballfans unter Generalverdacht zu stellen und als Verbrecher zu behandeln, ein”. So kommentiert Christian Hirsch von der Fußball AG der “Aktion 3.Welt Saar” das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Saarlouis (…)

Damit wird das erstinstanzliche Urteil des VG Saarlouis vom Mai 2006 aufgehoben, das die Maßnahme der Polizei für rechtmäßig hielt. “Eine Beibehaltung des Urteils hätte bedeutet, dass Fußballfans Bürger zweiter Klasse sind, nur einen eingeschränkten Zugang zu Bürgerrechten haben und minderjährige Fußballfans wie Schwerverbrecher behandelt werden dürfen”, so Hirsch.

Eine 16 jährige minderjährige Anhängerin von Dynamo Dresden hatte gegen ihre polizeiliche Behandlung vor dem Zweitligaspiel 1. FC Saarbrücken gegen Dresden am 11. März 2005 geklagt und bekam jetzt Recht. Sie musste sich vor Spielbeginn nackt ausziehen und gemeinsam mit zwei Dutzend anderen weiblichen Dresden-Fans abtasten lassen. Damals wurden 600 Polizisten, darunter auch 100 Grenzschützer aus Bayern aufgeboten, um Fußballfans von Dynamo Dresden einer Sonderbehandlung zu unterziehen. Für alle Dresdenfans galt zusätzlich zwischen Freitag 14 Uhr und Samstagmorgen 6 Uhr totales Innenstadtverbot für Saarbrücken. Begründet wurde dies seitens der Polizei mit dem vermuteten Auftreten von gewaltbereiten Fußballfans. Später stellte sich heraus, dass nichts davon eintrat.

“Mit diesem polizeilichen Vorgehen werden Fußballfans unter Generalverdacht gestellt. Mit genau der gleichen Begründung – irgendeiner hat mal was gemacht – könnte man Parteipolitiker zwingen, sich vor dem Betreten eines Parlamentsgebäudes nackt auszuziehen, um zu überprüfen, ob sie keine Protokolle und Geldscheine von geheimen Absprachen mit Lobbyisten mit sich tragen”, so Christian Hirsch. Deshalb plädiert die Fußball AG der “Aktion 3.Welt Saar” dafür, die “Politik der doppelten Standards” gegenüber Fußballfans aufzugeben. Für Fußballfans müssen die gleichen Rechte gelten wie für andere Menschen auch.

(Quelle im vollständigen Original: “Oberverwaltungsgericht Saarlouis zeigt ‘Fummelpolizisten’ die Grenzen auf”, scharf-links.de, 16. Dezember 2007)

Faksimile: glassblog.wordpress.com
Faksimile: glassblog.wordpress.com

-> Oberverwaltungsgericht des Saarlandes -> “Feststellung der Rechtwidrigkeit polizeilicher Maßnahmen” -> Urteil [*.pdf] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2007


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